Ich habe getan, was ich konnte. Jetzt müßt ihr das Eure tun

Franziskus-Gesichter

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Vor noch nicht langer Zeit erschien ein Buchlein mit dem Titel: Franziskus-Gesichter. Von Zeitgenossen betrachtet. Es ist von Autoren und Autorinnen von verschiedensten Berufen, Denominationen, und Lebenseinstellungen verfaßt, die vom Lebensweg des Heiligen fasziniert sind und sich in irgendeiner Weise von seinem Geist leiten lassen. Die einen sind von seiner mystischen Haltung und Vision der Schöpfung gegenüber fasziniert, die anderen von seiner geschwisterlichen Zärtlichkeit und Spiritualität. Franziskus mit vielen Gesichstern. Ihn zeigt nicht nur dieses Buchlein, sondern auch die immer mehr neueren Literatur über diesen Heiligen.

Franziskus hat viele Gesichter. Eines davon ist sein missionarisches Gesicht. Betrachten wir es, vielleicht könnte es uns ein Impuls sein zu unserem eigenen Lebensweg als Christen.

Franziskus: Leben als Mission und Mission als Mitleben

Wenn man von Mission bei Franziskus spricht und sein Verständnis davon zu erklären versucht, beruft man sich gerne auf eigenes Wort des Heiligen im 16. Kapitel der nichtbullierten Regel, das später in der bullierten Regel von einem kirchenrechtlich bewußten Redakteur verschwinden ließ. Franziskus schreibt: Die Brüder aber, die hinausziehen, können in zweifacher Weise ... wandeln. Eine Art besteht darin, daß sie weder Zank noch Streit beginnen, sondern um Gottes Willen jeder menschlichen Kreatur" (1Petr 2,13) untertan sind und bekennen, daß sie Christen sind. Die andere Art ist die, daß sie, wenn sie sehen, daß es dem Herrn gefällt, das Wort Gottes verkünden.

Was heißt das? Auf welchem Hintergrund soll man es verstehen? Gemeint ist sicherlich keine bloße Strategie. Franziskus denkt hier nicht taktisch. Nur wenn man das ganze Lebensprogramm dieses Heiligen in den Blick nimmt, dann versteht man, daß diese Regel sehr grundsätzlich ist. Franz sah, daß zu predigen auch seine Lebensaufgabe war, aber viel wichtiger war für ihn nach der Form des Evangeliums zu leben.

Daher ist Mission bei ihm zunächst ein Mitleben" (H. Schneider). Der Verkündigung geht das Lebenszeugnis voraus. Erst dann wenn man sieht, daß es Gott gefällt, Verkündigung. Und Zeugnis ablegen heißt es bei Franziskus: Zeugnis von der Geschwisterlichkeit, von der Freude an der Botschaft der Versöhnung und des Friedens Christi geben. Es gibt eine Fülle von Geschichten und Erzählungen um Franziskus und seine Brüder, die dies bezeugen.

Mission ist also Mitleben. Das ist das echte Missionsverständnis des Heiligen Franz. Diejenigen, die in die Mission gehen, begegnen jeder Kreatur" nicht als Lehrer und Herrscher, sondern als Brüder und Schwestern, Diener und Dienerinnen des Evangeliums. Für Franziskus war geschwisterlich leben wichtig. In jedem Menschen entdeckte er den Bruder und die Schwester. Und das ist mehr als nur Gebrauch einer Anredeform. Es beruht vielmehr auf eine tiefere Quelle, die Spiritualität der Geschwisterlichkeit. Wenn Franziskus die Sonne Schwester nennt und das Feuer Bruder anspricht man soll sich nicht nur an den Sonnengesang erinnern dann entspricht das seinem mystischen Verhältnis zu den andern und zu der Schöpfung. Und nach Franziskus soll auch diese Spiritualität von Geschwisterlichkeit in der Mission als Orientierungsmuster erhalten bleiben. Der Heilige selbst hat bewiesen, wie wirksam diese geschwisterliche Grundhaltung in der Mission ist: in einer seiner Missionsreise durfte er persönlich mit dem Sultan Malek al-Kamil aus Ägypten sprechen und von seinem christlichen Glauben erzählen; ein historisches Ereignis, das sein Echo in der Biographie des Sultansberaters hinterlassen hat (siehe R. Manselli).

Mission als unsere Lebensaufgabe

Mission als Mitleben, das Leben selbst ist Mission, da können wir glaube ich von Franziskus viel lernen. Das erstere betrifft diejenigen, die in die Mission gehen, und die Erst- Evangelisierung als Aufgabe haben. Das letztere geht diejenigen an, die ein Leben nach dem Evangelium Christi führen, egal ob sie in die Mission gehen, oder nicht. Für Franziskus beginnt die Mission beim Missionar selbst, der bei sich selbst die Erneuerung einleitet" (H. Schneider). Auf jeden Fall sind beide grundsätzlich wichtig nicht nur für den Fall der Erst- Evangelisierung, sondern auch für uns auch im Sinne der Re- Evangelisierung heute. Jede(r) Getaufte soll einen Beitrag dazu leisten. Und Kontinente ist ja dazu da, den missionarischen Geist zu verbreiten, die Formen von Missionen zu fordern, eine Basis für Dialog zu schaffen, und Impulse dazu zu geben.

Jetzt müßt ihr das Eure tun"

Wir feiern heute den Gedenktag des Heiligen Franziskus. Es ist gut, daß in der Kirche die Heiligen verehrt werden. Doch das kann schon manchmal ein Hindernis sein. Vielleicht hat ja auch R. Rohr Recht, als er sagte: Ein typischer Fehler vor allem bei katholischen Christen ist immer wieder, daß man den Heiligen verehrt und damit einen Ersatz hat für den Weg, den man wie der Heilige selbst gehen müßte. Wahre Anbetung ist so etwas wie einander spiegeln. Man sieht in der Person, die man verehrt, einen Teil seiner eigenen Seele".
Das Leben des Heiligen Franz ist für uns ein Spiegel. Er hatte einen großen Respekt vor der Einzigartigkeit eines jeden Menschen. Er erwartete nie von anderen, daß sie ihren Weg gehen sollten, wie er es getan hatte". Wichtig ist aber, mit derselben Spiritualität wie Franziskus, auf unseren eigenen Weg zu gehen.

Franziskus entdeckte in jeden Menschen den Bruder und Schwester. Das war aber für ihn keine einmal fertige Sache, sondern ein lebenslanger Prozeß. Er mußte immer wieder von neuem anfangen, daher definierte er auch sein Leben als Leben in der Buße. Eines seiner letzten Worte war: Laßt uns wieder anfangen, denn bisher haben wir nur wenig getan.

Das können wir auch zu uns selbst sagen, wenn wir von einem Leben nach dem Evangelium sprechen wollen. Vor seinem Tod am 3. Oktober sagte Franziskus: Ich habe getan was ich konnte, jetzt müßt ihr das Eure tun.


Ansprache zum Franziskusfest, 4. Oktober 1996

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